Oben ohne für alle - Richtige Richtung?

  • Ganz einfach: was nicht explizit verboten ist, ist erlaubt. Welcher § des Strafgesetzbuches sollte zur Anwendung kommen? Und das OWiG gibt da noch weniger her als für einfache (komplette) Nacktheit.

    Also, welches Gesetz ist gegen oben ohne bei Frauen und / oder Männern anzuwenden?

    Mi gleicher Begründung könnte man auch barfuß-Gehen oder kurze Ärmel verbieten.

    Danke, da hat jemand das deutsche Rechtssystem verstanden...

  • So ist es in jedem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, denke ich.

    Im Mittelalter wurden noch Freiheiten einzeln zugestanden, aber heute muss es der Staat sauber begründen, wenn er Freiheiten entzieht.

  • Ganz einfach: was nicht explizit verboten ist, ist erlaubt. Welcher § des Strafgesetzbuches sollte zur Anwendung kommen? Und das OWiG gibt da noch weniger her als für einfache (komplette) Nacktheit.

    Also, welches Gesetz ist gegen oben ohne bei Frauen und / oder Männern anzuwenden?

    Mi gleicher Begründung könnte man auch barfuß-Gehen oder kurze Ärmel verbieten.

    Das ist - ganz einfach - falsch!

    Man kann es für unschön halten oder ignorieren wie man will, es gilt in Deutschland neben den geschriebenen Gesetzen auch das ungeschriebene Sittengesetz!

  • Grundgesetz, Art. 2, Abs. 1: "Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, sofern er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt."

    Hier habt Ihr den Paragraphen, wo es steht!

  • Das ist - ganz einfach - falsch!

    Man kann es für unschön halten oder ignorieren wie man will, es gilt in Deutschland neben den geschriebenen Gesetzen auch das ungeschriebene Sittengesetz!

    Ist das auch juristisch gültig? 😉😁

    Kann man das irgendwo nachlesen dieses Sittengesetz ?

    Es gibt nichts Natürlicheres als die Nacktheit. Aber nur für die, die natürlich blieben.

    Erhard Blanck

  • Ist das auch juristisch gültig? 😉😁

    Kann man das irgendwo nachlesen dieses Sittengesetz ?

    Ob man das ungeschriebene Sittengesetz nachlesen kann??

    Da wärst Du der erste, der etwas lesen kann, was nicht geschrieben ist :D


    Etwas, das im Grundgesetz aufgeführt ist - ja das ist juristisch gültig. Über das Grundgesetz geht nichts drüber.

    Nur, was konkret das Sittengesetz im einzelnen möchte, darüber kann man sich streiten (mit dem Richter - der sitzt allerdings am längeren Hebel)

    Es geht hier um das "gesunde Volksempfinden" (so bis 1945 formuliert - heute bricht man sich einen ab, um die gleiche Sache anders auszudrücken)

  • Die konkrete Diskussion über die Hausordnung der Bäder in Göttingen driftet jetzt völlig ab. Nur so viel: Wenn das abstrakte Sittengesetz zwischen Männern und Frauen unterscheidet, wäre es in dem Punkt grundgesetzwidrig.Und alleine aufgrund eines nicht schriftlich niedergelegten und vom Parlament beschlossenes Gesetzes kann in einem Rechtsstaat niemand verurteilt werden. Die „Sitte“ kann bestenfalls bei der Auslegung von schwammig formulierten Rechtsvorschriften wie des §116 OWiG herangezogen werden.

  • Was soll ein "abstraktes" Sittengesetz sein?

    Überall, wo etwas gegen das "gesunde Volksempfinden" verstößt, kann dies mit dem OWiG 118 geahndet werden. Man bzw. in dem Fall Frau ist auf die Toleranz der Mitmenschen, im Rechtstreit auf die Toleranz des Richters, angewiesen. Da nützt es uns sehr wenig, dass der OWiG 118 (Belästigung der Allgemeinheit, nicht 116) so schwammig formuliert ist. Er gilt trotzdem.


    Bei einer Bäder-Hausordnung, die oben ohne ausdrücklich erlaubt, ist das natürlich anders.


    Und nein, das "gesunde Volksempfinden" kann a nicht grundgesetzwidrig sein, weil ein Empfinden nicht gesetzwidrig sein kann

    und b gibt es nun eben körperliche Unterschiede zwischen Mann und Frau, das kann man nicht einfach verleugnen. Und dazu gehören die äußeren geschlechtlichen Merkmale der Brust. Da kann man nun ganz verschieden argumentieren - und Gesetzesänderungen fordern. Ich möchte ja auch eine Grundgesetzänderung hin zu einem Grundrecht auf Bekleidungsfreiheit. Aber solange es keine Gesetzesänderung gibt, gelten halt die jetzigen Gesetze. Und an die sollte man sich halten.

    2 Mal editiert, zuletzt von vszett ()

  • In Freibädern haben wir nun ein buntes Publikum. Es gibt dort auch Frauen aus anderen Kulturen, die noch nicht einmal einen Bikini zuließen. Es ist schon gefordert, sich hier anzupassen. Da sehe ich nicht den Gesetzgeber gefordert. Jede Frau wird sich zunächst umschauen, wie die Leute in ihrer Umgebung gekleidet sind. Unter Familien, wo Frauen nur mit Vollbadeanzug sitzen, wird sie sich barbüsig kaum wohlfühlen. Sie wird sich zurückhalten - oder bewusst provozieren (bzw. ihre Freiheit demonstrieren). Ich sehe hier einfach natürliche Entwicklungen, die jeder durch eigenes Verhalten mitbeeinflussen kann. Nun kann man natürlich durch Badeordnungen etwas vorsortieren. Da mag das eine Bad den Vollbadeanzug vorshreiben, das andere Oben-ohne erlauben. Diese Ordnung wird sich in der Regel an den Bedürfnissen ihrer Beucher orientieren, um gezielt einen bestimmten Besucherkreis anwerben bzw. nicht zu vergraulen. Wenn wir Freiheiten erkämpfen wollen, tun wir das am besten im gemischten Bereich. Das bringt eine Gewöhnungseffekt, der die Entwicklung unterschwellig beeinflusst. Provokationen führen oft zu Gegenreaktionen. Wie FKK auch Protest gegen bürgerliche Enge ist, so ist bekleidetes Baden auch oft Protest gegen unsere Freizügigkeit. Aber nicht überall ist dann gleich die Badeordnung oder der Gesetzgeber gefragt. Es muss sich einfach ein "modus vivendi" finden.

  • so ist bekleidetes Baden auch oft Protest gegen unsere Freizügigkeit.

    Das ist sehr weit hergeholt, konnte ich noch nicht feststellen, dass Badebekleidung eine Form des Protests sei. Es ist vielmehr einfach Gewohnheit und Verklemmtheit.

  • Ich meinte eindeutig bekleidet - mehr als Badekleidung, Aber Naturisten sehen zu oft nur moralische Verklemmung, nicht wirkliche Ablehnung oder Gegenreaktion.

  • Ich meinte eindeutig bekleidet - mehr als Badekleidung, Aber Naturisten sehen zu oft nur moralische Verklemmung, nicht wirkliche Ablehnung oder Gegenreaktion.

    Ich weiß nicht, was Naturisten "zu oft sehen", da hab ich weder Erfahrung noch Belege. Außerdem bin ich kein Naturist. Ich als Vertreter der Freikörperkultur glaube aber einschätzen zu können, ob jemand provozieren will (= Ablehnung und "Gegenreaktion") oder ob er aus Gewohnheit und Verklemmtheit bekleidet ist.

    Dabei ist vor allem ein Unterschied, ob sich ein einzelner oder eine zusammengehörende Gruppe in einen reinen Nacktbadebereich begibt - da könnte man schnell Provokation vermuten -, oder ob es ein gemischter Bereich ist. Oder ein reiner Textilbereich - so wie eigentlich jeder Ort außerhalb von Stränden und einigen wenigen Parks in einigen Großstädten wie München. Im textilen Bereich ist ja am ehesten der Unbekleidete eine Provokation und die mitunter gemachten "Gegenreaktionen" der Bekleideten ja nur ein Einfordern ihrer Rechte.

  • Genau diese Einstellung geht an der Realität vorbei. Du siehst nur die konkrete Sitation vor Ort. Es geht aber um weit mehr. Jedes Verhalten prägt die Kultur. Es stellt sich die Frage, in welche Richtung wir wollen. Es geht um die Entwicklung der Gesellschaft insgesamt. Da hat nicht einfach jeder seinen eingezäunten Bereich, der andere nicht zu interessieren hat,

  • "§ 183 (4) StGB: Exhibitionistische Handlungen", "§ 118 OWiG: Belästigung der Allgemeinheit" und "§ 119 OWiG: Grob anstößige und belästigende Handlungen" oder auch "§ 183a StGB: Erregung öffentlichen Ärgernisses: Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 183 mit Strafe bedroht ist.

    ---- "Eine Handung ist immer dann als sexuell zu bewerten, wenn sie nach dem äußeren Erscheinungsbild eine Beziehung zum Geschlechtlichen aufweist. Das ist also immer dann gegeben, wenn schon ein objektiver Beobachter sagen würde, dass die Handlungen in irgendeiner Art und Weise unanständig sind" Rechtsanwalt Odebralski (online) ----

    Das sind alles Gesetze, die mehr oder minder auf Nudismus / Naturismus / FKK angewandt werden können und demnach Nacktsein unter Strafe stellen, sofern sich Menschen dadurch direkt gestört fühlen bzw. wenn z.B Polizisten das im öffentlichen Interesse anzeigen.

    Also selbst ohne ein explizites "Sitttengesetz" ist FKK nicht erlaubt obwohl es nicht direkt verboten ist.

  • Hi Brolaf,

    zu den von Dir genannten Paragraphen und dem Zusammenhang zu FKK wird leider viel Falsches verbreitet. Für den 183 muss Dir nachgewiesen werden, dass Du mit Deiner Nacktheit exhibitionistische/sexuelle Absichten verfolgst. Das wird nicht gelingen, wenn es wirklich um FKK geht. Die Erfahrungen mit Paragraph 119 zeigen, dass auch das in der Regel eingestellt wird, wenn es ernst wird. Es gibt natürlich auch (in manchen Regionen mehr) schlecht informierte Ordnungskräfte, die so etwas ahnden und denken, dass Sie im Recht sind.


    Es ging hier aber ja nicht um die Frage, ob FKK erlaubt ist, sondern um die Frage, ob Frauen Oberkörperfreiheit an Orten verboten sein kann (also darf, klar kann man etwas auch ohne rechtliche Grundlage verbieten oder ahnden, solange sich niemand dagegen wehrt), an denen sie Männern erlaubt wird.

    Und das ist ziemlich eindeutig rechtswidrig:

    Die konkrete Diskussion über die Hausordnung der Bäder in Göttingen driftet jetzt völlig ab. Nur so viel: Wenn das abstrakte Sittengesetz zwischen Männern und Frauen unterscheidet, wäre es in dem Punkt grundgesetzwidrig.Und alleine aufgrund eines nicht schriftlich niedergelegten und vom Parlament beschlossenes Gesetzes kann in einem Rechtsstaat niemand verurteilt werden. Die „Sitte“ kann bestenfalls bei der Auslegung von schwammig formulierten Rechtsvorschriften wie des §116 OWiG herangezogen werden.

    Es wird hoffentlich bald dazu ein Urteil in Berlin geben. Dort hat eine Frau auf der Grundlage des AGG geklagt, da sie an der "Plansche" im Plänterwald im Gegensatz zu Männern aufgefordert wurde, ihre Brüste zu bedecken und - da sie argumentierte, dass die Männer auch oberkörperfrei sind und sich weigerte - aufgrund ihrer Oberkörperfreiheit des Platzes verwiesen wurde.

    Das zuständige Bezirksamt hat nach dem Vorfall sehr schnell die Regeln zur Bekleidung in der Hausordnung der Plansche geändert, sodass diese jetzt vorsieht, dass Frauen und Männer sich dort jetzt oberkörperfrei aufhalten können.

    Die Klage wird aber aufrechterhalten und zielt darauf ab, dass die Frau aufgrund der erlittenen Diskriminierung eine Entschädigung erhält. Und da hat sie gute Chancen.

    2 Mal editiert, zuletzt von MaJu_BLN ()

  • Ich hatte schon einmal gefragt: Wie genau ist das Sittengesetz definiert?

    Ohne klare Definition könnte man jeden illiberalen Blödsinn damit begründen.

  • Eine Frau ins Kino einladen ist in manchen Ländern schon ein verbindlicher Heiratsantrag. Das alles hat mit Gesetzgebung wenig zu tun.

    Es ist einfach vorausgesetzt und selbstverständlich.

  • Grundgesetz, Art. 2, Abs. 1: "Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, sofern er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt."

    Hier habt Ihr den Paragraphen, wo es steht!

    Und in Absatz 2 folgt dann gleich "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."


    Sprich genau das, was nicht verboten ist, ist erlaubt. Was ja dem Sittengesetz nicht widerspricht.

  • Liest sich vernünftig.

    In einem anderen Forum hat man mir gerade wegen genau dieser Sichtweise ein verzerrtes Weltbild vorgeworfen...

    Wir leben in seltsamen Zeiten.

  • Nochmal zum mitschreiben: Das im Grundgesetz verankerte, und damit geltende, Sittengesetz kommt (ich weiß nicht, wo noch) im Paragraph 118 Ordnungswidrigkeitsgesetz zur Anwendung. Es ist ein ungeschreibenes Gesetz, entsprechend kann man es nicht nachlesen. Es entspricht dem bis 1945 so formulierten "gesunden Volksempfinden". Entsprechende Beispiele, wo dieses gestört wird, sind bei Wikipedia, Stichwort Belästigung der Allgemeinheit, aufgeführt. Gleich als erstes: "

    Unbekleideter Aufenthalt, wo derartige Begegnung nicht zu erwarten ist, derart, dass anderen der Anblick des nackten Körpers aufgedrängt wird[4]"


    Wer den 118 OWiG nachliest, wird sehen, dass dieser sehr schwammig formuliert ist und damit dem Richter großen Ermessensspielraum gibt.

    An einer Stelle habe ich mal gelesen, dass in Bezug auf Nacktheit eine Anwendung des 118 OWiG danach entschieden wird, ob sich der "billige" Bürger daran stören würde. Damit sei nicht der besonders prüde aber auch nicht der besonders freie (dort war irgend eine andere Bezeichnung genannt) Bürger gemeint.

    Der Richter hat sich also daran zu orientieren, ob sich ein sehr durchschnittlicher Bürger an der Sache, die zur Verhandlung ansteht, gestört fühlen würde. Ja, bedeutet Tatbestand der Ordnungswidrigkeit ist erfüllt. Nein bedeutet, dass es noch toleriert wird.


    Und nein, die Ungleichbehandlung der Brust von Mann und Frau verstößt gegen keinerlei Gesetz oder Grundgesetz, da die weibliche Brust zu den äußeren Geschlechtsmerkmalen gehört und dementsprechend in Bezug auf das Sittengesetz anders zu bewerten ist als die männliche Brust.

    Homosexuelle können das vielleicht nicht verstehen, aber die weibliche Brust hat einen extrem sexuellen/erotischen Reiz auf Männer. Und damit fällt es in den Bereich des Sittengesetzes, ob uns das gefällt oder nicht. Nur ein spezielles Gesetz, dass ausdrückllich oben ohne für Frauen erlauben würde, könnte dies ausschließen.


    Es ist außerdem ein sich hartnäckig haltender Irrtum, dass alles erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist! Genau um solche scheinbaren Schlupflöcher zu schließen, kommt das Sittengesetz bzw. der 118 OWiG zur Anwendung.


    Aber Ihr könnt es ja gerne mal austesten und nackt durch eine Fußgängerzone marschieren! Das ist nirgendwo ausdrücklich verboten (Ortssatzung vorher durchlesen!). Mal sehen, ob Ihr da ohne Busgeld durchkommt ^^

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