Prüde junge Leute ?

  • Die Offenheit beziehungsweise die Möglichkeit dazu hängt vom engeren (und zum kleineren Teil auch weitern) sozialen Umfeld ab. Nach Bundesland zu sortieren ist deshalb oberflächlich.

    Ja, aber das soziale Umfeld wird vom gesellschaftlichen Umfeld geprägt: Während in den alten Bundesländern frühzeitig großflächiger Kontakt zur Sex- und Pornoindustrie bestand, war dies im Osten offiziell verboten und deshalb auch nur eine kleine Nieschenerscheinung.

    Deshalb hat man im Westen eher das amerikanische Problem der Doppelmoral, mit wenig über Nacktheit sprechen und Nacktheit tabuisieren, stattdessen hoher heimlicher Konsum von Sex- und Pornoprodukten. Im Osten hallt demgegenüber länger der offenere Umgang mit erotikfreier Nacktheit aber auch mit Sexualität auch nach 30 Jahren nach.

    Ein anderer gesellschaftlicher Einfluss ist die Zwangskollektivierung im Osten durch die Sowjets. Während im Westen hinter jedem Handtuch-Feldchen der Besitzer lauert, dass ja keiner einen Fuß auf sein Feld setzt, interessiert es im Osten kaum jemanden, wenn quer durchs riesige Feld gelatscht wird. Und deshalb gibt es sicherlich auch weniger Probleme, wenn jemand unbekleidet draußen herumläuft, soweit nicht offensichtlich sexuelle Absichten dahinterstehen.

  • In jungen Jahren gehört schon sehr viel Mut dazu, sich gegen eine vermeintliche Gruppenmeinung zu stellen. Im Allgemeinen ist öffentliche Nacktheit nicht bekannt oder gewohnt und es haftet etwas Schrulliges an ihr. Dadurch macht man sich als Nackter irgendwie zum Sonderling und angreifbar. Dabei ist es doch gerade in jungen Jahren eher das Ziel, dazugehören zu wollen und von anderen akzeptiert zu werden. In der Sauna mag das mit dem Ausziehen noch gehen, da Sauna in Deutschland nahezu immer mit Nacktheit verbunden wird, am Strandbad ist das schon ungleich schwieriger, weil ein FKK-Bad eher eine Randerscheinung ist.


    Menschen suchen halt auch gerne die Schwächen bei anderen, um sich dann mit Kritik oder Boshaftigkeit über diejenigen zu stellen. Und eigentlich ist das noch nicht einmal auf Nacktheit alleine begrenzt. Die falschen Schuhe, die falsche Kleidungsmarke, das falsche Wohnviertel oder ähnliches können und werden dazu ebenso benutzt. Ist es also jüngeren Menschen wirklich zu verdenken, wenn sie ihren gewohnten Schutzraum in dem sie Anerkennung haben, nicht verlassen möchten?


    Ich hätte mich als Jugendlicher auch gerne ausgezogen und war eigentlich nicht prüde. Die Angst vor Gelächter und Kommentaren anderer war aber immer größer als der Mut.

  • Bei mir würde ich weniger von Gruppenmeinung (da hatte ich immer eine eigene) als von einer Erwartungshaltung sprechen. Meine Eltern hatten kein Verständnis. Sonst dachte ich, das von mir als Katholiken anderes erwartet wurde , Vor allem aber lebte ich selber in der Vorstellung, dass mir manche Freiheiten vorenthalten wären. Genau darin lag mein Fehler. Später war der Naturismus dann zu wichtig. Schwierig ist es, das Maß zu finden und eroberte Freiheiten anderen Prioritäten unterzuordnen, ohne sie abzulehnen. Wo ich keine Akzeptanz erwarte, gehe ich auch heute eigene Wege. Ich gehe eben nicht mit Verwandten schwimmen, sondern suche mir eigene Kreise am See, oder nehme nur Freunde mit, die mich so akzeptieren. Das ist aber auch mt ungerechten Absagen und faulen Ausreden verbunden, wo mein Naturismus eben der Grund ist, dass ich mit bestimmten Leuten nicht bei schönem Wetter unterwegs sein will. Da sage ich nicht ehrlich: ich möchte am See unbedingt nackt sein. In den selbst gewählten Kreisen bin ich ungeniert - entweder unter Naturisten (die treffe ich aber meist erst am Platz), oder mit Leuten, die es von mir erwarten oder zumindest nicht anders kennen, mag es sie auch nur amüsieren - nach dem Motto: "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert." Bin nur ich nackt, so zeichnet mich genau das eben aus. Deshalb rate ich auch zu ungeniertem vorpreschen, um die anderen zu testen und mich selbst in diese Position zu drängen. Damit habe ich mir diese Freiheit für alle Zukunft erobert - oder ich weiß, dass sie in diesem Kreis eben nicht so gut ankommt. Wer nichts wagt, gewinnt auch nichts! Ich habe genug Gelegenheiten verspielt, indem ich zu zurückhaltend war - dabei hätte ich Freunde gewinnen können. eben deshalb trifft mich besonders dieser Film, auch ohne das gesprochene zu verstehen:

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    - mehr Mut! - auch schon in jüngeren Jahren! Sonst verpasst ihr das Leben!

  • Man muss wohl zusehen, dass man in eine Gruppe kommt, die den eigenen Interessen entspricht. Auch was FKK angeht. Heutzutage kann man sich ja gut vernetzen. Hier zum Beispiel.

  • Mir ist es eigentlich ziemlich egal, was andere darüber denken, dass ich täglich mein spezielles Nacktjoggen mache. Heimlich sympathisieren sicherlich viel mehr mit dem Gedanken, als sie es sich getrauen auszusprechen. Und wenn die "Unwissenden" es nicht kennen und/oder nicht verstehen, was das für das eigene Leben bedeutet, ist das deren Problem, nicht meins.

    Wer darüber spechen möchte, dem gebe ich gern Informationen und höre ihm auch zu, was er darüber denkt.


    Der Film hat neben der einen positiven Sache, nämlich das Aufzeigen, dass es ganz unterschiedliche Körper gibt, auch große Schwächen:

    Gleich zu Beginn wird das Nacktbaden deutlich in Verbindung mit Sexualität gebracht, indem die Kameraführung die weibliche Brust hervorhebt, das Übergeben einer Frucht und das erotische Verzehren dieser (mit grazielem Abwischen der Brust). Hinzu kommt, dass es sich um ein gutaussehendes jüngeres, abseits liegendes Paar handelt - ohne anwesende (eigene) Kinder.


    Ein weiterer deutlicher Kritikpunkt ist, dass im Film der Junge nur deshalb seine Freundin verliert, weil er seine Hose nicht auszieht - eine Überbewertung der erotischen Wirkung von Nacktbaden. Was für eine dumme Tussi muss das sein, die sich gleich dem Nächsten an den Hals wirft, nur weil ihr bisheriger Freund nicht gleich die Hose auszieht!?

  • Dem widerspreche ich in keinem Punkt. Trotzdem kenne ich bislang keinen Film, der das ständige Unterdrücken des geheimen Wunsches nach Nacktheit und innere Konflikte damit besser darstellt. Es geht doch nicht um sachlich korrekte Rechtfertigung, sondern um die stillen, unausgesprochenen Sehnsüchte. Getroffen hat mich besonders das Geburtstagsgeschenk: die Badehose! Die erotischen Perspektiven sehe ich auch als innere Verklemmtheit. Der Mensch ist ein sexuelles Wesen. Wo Naturisten jede Verbindung von Nacktheit mit Sexualität bestreiten, halte ich das für Ideologie. Es geht um das gesunde Maß. Naturisten predigen eben nicht, dass man als Mann hinter jeder Frau in Hose hinterherdackeln muss. (Mag sein, das nicht jeder hier diese Anmerkung versteht - in einer Zeit und Kultur, wo eng anliegende Hosen auch für Frauen selbstveständlich und Röcke fast ausgestorben sind.) Naturismus ist für mich auch ein Weg, vernünftigen Umgang mit der Sexualität, intimen Empfindungen und Empfindlichkeiten zu erlernen.

    Grundsätzlich vermisse ich solche Filme unter Naturisten. Natürlich könnte man sie besser - mehr in unserem Sinne - gestalten. Aber es geht um unausgesprochene Sehnsüchte und Empfindungen. Sachliche Rechtfertigungen treffen da nicht. Ich bin nicht aus hygienischen Gründen Naturist, sondern aus meinem Empfinden. Die Rechtfertigungen und Begründungen suche ich nachträglich - eigendlich nur, um mich durchzusetzen. Mich interessiert der Mensch, die Person (die "hindurchtönt") - nicht die Sache. Aus vernünftigen Gründen wäre ich nie Naturist geworden. Aber es war meine Bestimmung von Anfang an, die Sehnsucht schon der frühen Kindheit.

  • Der Mensch ist ein sexuelles Wesen. Wo Naturisten jede Verbindung von Nacktheit mit Sexualität bestreiten, halte ich das für Ideologie.

    Also ich als Vertreter der Freikleiderkultur bestreite keinesfalls die Verbindung von Nacktheit und Sexualität, allerdings mit genau anderen Vorzeichen, wie dies sexorientierte Nudisten tun: Sie sagen, Nacktheit müsse zwangsläufig zu einer höheren erotischen Wirkung führen.

    Ich sage, Nacktheit bewirkt bei Anhängern der Nacktkleiderkultur bzw. bei Anhängern der klassischen, gesundheitsorientierten Freikörperkultur eine reduzierte erotische Wirkung, ein bewusstes stärkeres Zurückhalten von Flirten oder zweideutigen Anmerkungen oder entsprechender Körpersprache.

    Dies ist der große Unterschied, an dem man auch sieht, auf welcher Seite jemand steht: ob er in der Religions- und Porno-Ideologie gefangen ist, die sagt, dass Nacktheit zwangsläufig mit höherer Sexbereitschaft einhergeht,

    oder ob er in einer von dieser Ideologie befreiten Gedankenwelt lebt, wo Nacktheit keinen besonderen Einfluss auf Erotik und Sexverlangen hat, sondern im Gegenteil, dieses sogar dämpft.

  • Also ich als Vertreter der Freikleiderkultur bestreite keinesfalls die Verbindung von Nacktheit und Sexualität, allerdings mit genau anderen Vorzeichen, wie dies sexorientierte Nudisten tun: Sie sagen, Nacktheit müsse zwangsläufig zu einer höheren erotischen Wirkung führen.

    Ich sage, Nacktheit bewirkt bei Anhängern der Nacktkleiderkultur bzw. bei Anhängern der klassischen, gesundheitsorientierten Freikörperkultur eine reduzierte erotische Wirkung, ein bewusstes stärkeres Zurückhalten von Flirten oder zweideutigen Anmerkungen oder entsprechender Körpersprache.

    Dies ist der große Unterschied, an dem man auch sieht, auf welcher Seite jemand steht: ob er in der Religions- und Porno-Ideologie gefangen ist, die sagt, dass Nacktheit zwangsläufig mit höherer Sexbereitschaft einhergeht,

    oder ob er in einer von dieser Ideologie befreiten Gedankenwelt lebt, wo Nacktheit keinen besonderen Einfluss auf Erotik und Sexverlangen hat, sondern im Gegenteil, dieses sogar dämpft.

    Das klingt selbst mal wieder ziemlich ideologisch verbohrt und unnötig komplex verschachtelt ausgedrückt. Warum?

    Hier werden auch so viele Begriffe durcheinander geworden und soviele Voraussetzungen gemacht, die nicht belegbar sind - wozu das Ganze?

    Nur um zu sagen, dass es bei FKK nicht ums Spannen, Abchecken oder sonstwie erotisiertes Verhalten geht und sexualisierte oder wertende Blicke dabei keinen Platz haben - was für jede*n FKKler*in selbstverständlich ist.

    Viel wichtiger als diese künstlichen Unterscheidungen und hochtrabende Behauptungen, woran sich die Guten und die Bösen angeblich unterscheiden lassen, ist doch, klar zu machen, warum das überhaupt wichtig ist. Es geht darum, dass sich alle wohl und sicher fühlen können und gemeinsames Nacktsein in unbeschwerter Atmosphäre erleben können.


    btw, was war nochmal das Thema dieses Threads?


    PS: da ich die Beiträge mancher User bewusst ignoriere, kann es sein, dass mir der Kontext der Aussagen fehlt.

  • Naturismus bedeutet vor allem, den Menschen enfach in seiner Natürlichkeit zu akzeptieren - mit seinrn Schwächen, Sehnsüchten, Hoffnungen und Ängste.


    Aber eine Anmerkung zu diesem Kritikpunkt am Film möchte ich doch noch machen.

    Ein weiterer deutlicher Kritikpunkt ist, dass im Film der Junge nur deshalb seine Freundin verliert, weil er seine Hose nicht auszieht - eine Überbewertung der erotischen Wirkung von Nacktbaden. Was für eine dumme Tussi muss das sein, die sich gleich dem Nächsten an den Hals wirft, nur weil ihr bisheriger Freund nicht gleich die Hose auszieht!?

    Ohne die Freundin rechtfertigen zu wollen - ich glaube gar nicht, dass es hier um irgendeine erotische Wirkung geht. Es geht um die Hoffnung auf ein gemeinsames Leben. Und da sehe ich: der Junge ist verloren. Er schafft nicht den Sprung, den sie von ihm erwartet oder erhofft. (Genau das vermittelt ihr auch der neue Freund.) Da gibt sie ihn auf. Erst im Alter wagt er den Sprung - zu spät für ein gemeinsames Leben.


    Es geht nicht um Moral, sondern um die Verklemmtheit, aus der er sich einfach nicht zu befreien schafft, bzw. erst ganz am Ende - aber da ist er allein.


    Und genau das vermisse ich in den vielen Diskussionen um FKK: das Menschliche, das Empfinden, die Sehnsüchte und Hoffnungen. Stattdessen rechtfertigt man sich nur, dass alle Unterstellungen nicht zutreffen und man sich in nichts von Textiliern unterscheidet - oder man hält sich für unverdorbener und besser. Dabei möchten wir doch einfach akzeptiert sein, wie wir sind.

  • Naturismus bedeutet vor allem, den Menschen enfach in seiner Natürlichkeit zu akzeptieren - mit seinrn Schwächen, Sehnsüchten, Hoffnungen und Ängste.

    Wenn ein junger Mann Angst hat, sich schnell auszuziehen, ist bei der "Naturistin" im Film aber die Akzeptanz ganz schnell vorbei. Es wird eine höchst primitive Kausalkette dargestellt: Wenn du dich nicht schnell genug ausziehst, rennt die Freundin schnell zum Nächsten.

    Da ist ja offensichtlich nicht viel Liebe im Spiel. Zwischenmenschliche Beziehung wird auf das Ausziehen reduziert. Schwächen und Ängste werden hier eben gerade in keinster Weise akzeptiert.

  • Ich würde hier nicht so werten, da der Film sich auf eine Aussage konzentriert. Was du angreifst ist einfach nicht Thema. Der Film ist viel zu kurz, um in einem langen Liebesdrama auszuführen, was diese Szene kurz erfasst. Es geht um die verpasste Chance. Mehr soll nicht gesagt sein.

  • Pauschalierungen sind immer ein Problem. Das gilt für die gesamte Gesellschaft und eigentlich jedes Thema und den damit verbundenen Diskussionen.

    Ob es um die bösen Rad- oder die noch schlimmeren Autofahrer, Sportfans oder eben uns Nackte geht. Die negativen Beispiele werden häufig herausgestellt und von der unwissenden Masse als allgemein gültig aufgefasst.


    Dem ist nur sehr schwer oder langfristig durch gezielte Maßnahmen entgegen zu steuern.

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